Otto Rehhagel
Er gilt als jemand, der das Unmögliche möglich machte. Beispiele gefällig? So war er der einzige bisherige Trainer im deutschen Fußball, der ein Team nur ein Jahr nach dem Aufstieg aus der zweiten Liga zur Meisterschaft führte. Und ihm gelang es, Griechenland – das auf der Weltkarte des Fußballs eigentlich gar keine Rolle spielt – im Jahre 2004 zum Europameister zu machen. Zwischen 1981 und 1995 prägte er eine Ära in Bremen, ehe er nach München wechselte und dort gnadenlos scheiterte. Denn Rehhagel musste Vertrauen zu seinen Spielern fassen. Ein ohne seinen Einfluss zusammengestelltes Star-Ensemble konnte er hingegen nicht dirigieren. Wo Rehhagel arbeitete, da wollte und musste er das Sagen haben. Billigte man ihm diese Privilegien zu, stellte sich der Erfolg ein: Jeweils drei Meisterschaften und Pokalsiege sowie ein Triumph im Europapokal der Pokalsieger konnte “Rehakles” gewinnen.
Jürgen Klopp
Er ist wohl der gegenwärtig bekannteste deutsche Trainer. Sein Name dürfte in vielen Ländern der Welt für ein Lächeln sorgen: Jürgen Klopp hat mit Mainz, Dortmund und Liverpool bislang nur drei Profiteams trainiert – an jedem dieser Standorte aber derart große Fußspuren hinterlassen, dass man sich noch lange an ihn erinnert. In Deutschland gelangen ihm zwei Meisterschaften und ein Pokalsieg, in England jeweils ein Meistertitel und Pokal. Liverpool führte er zudem in der Champions League und der Klub-Weltmeisterschaft zum Erfolg. Doch abseits dieser Zahlen und Fakten ist Klopp ein Coach, der seine Spieler zu Bestleistungen motivieren kann. Mehr noch, jeden Stein im Vereinsheim dreht er akribisch um, um allenthalben für Verbesserungen zu sorgen. Titel sind bei ihm also kein Zufall – sondern eine zwangsläufige Folge seines Handelns.
Hans-Dieter “Hansi” Flick
Flick stand lange Jahre im Schatten von Jogi Löw, dessen Co-Trainer und rechte Hand er bei der Nationalmannschaft war – auch er hat somit seinen Anteil am Gewinn der Weltmeisterschaft 2014. Flick gelang es aber, sich zu lösen und selbst eine erfolgreiche Laufbahn als Coach einzuschlagen. Zwei Meisterschaften und ein Pokalsieg sowie der Gewinn der Champions League und der Klub-Weltmeisterschaft wären ohne ihn kaum möglich gewesen. Denn als er den FC Bayern im Herbst 2019 als Cheftrainer übernahm, da stolperte der Rekordmeister – und war recht weit von allen Triumphen entfernt. Flick drehte nicht nur das Blatt. Sondern er schaffte Seltenes: Zwischen November 2019 und Februar 2021 gewann Flick mit München das Sextuple und somit die sechs national und international wichtigsten Titel im Vereinsfußball. Zur Zeit steht er deutlcih mit dem FC Barcelona an der Tabellsenspitze der spanischen LaLiga.
Franz Beckenbauer
Als Spieler eine “Lichtgestalt”, als Trainer ein “Kaiser”: Beckenbauer mangelte es schon bei den Spitznamen nicht an Superlativen. Dass er mit den Bayern eine Meisterschaft sowie den UEFA-Cup erringen konnte, ist in seiner Karriere allerdings eher eine Fußnote wert. Denn Beckenbauer wird als Coach wohl ewig mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 verbunden sein – eines Titels also, den er in seiner aktiven Laufbahn bereits 1974 erringen konnte. Dabei forderte “der Franz” nichts anderes als Disziplin. Wer ihm diese verwehrte, machte ihn sich zum Feind. Kompromisse gab es nicht. Als er von Uli Stein 1986 als Suppenkasper bezeichnet wurde, schickte er den Keeper umgehend in die Heimat zurück – und manifestierte damit seine Autorität. Doch das lohnte sich: Wer ihm folgte, hatte früher oder später Erfolg. Denn wie sich dieser erringen ließ, wusste Be-ckenbauer wie kaum jemand in der Branche.
Thomas Tuchel
Den Abschluss dieser Liste bildet mit Thomas Tuchel ein relativ junger Trainer, auf dessen Konto bislang nur eine Meisterschaft und ein Pokalsieg gehen – der seine größten Triumphe aber im Ausland feiern konnte. Wie die beiden zusätzlichen Meistertitel und einen Pokal in Frankreich. Ebenso darf der Erfolg in der Champions League mit dem FC Chelsea aus England nicht vergessen werden. Tuchel, der lange Zeit ein wenig als “Jürgen Klopp 2.0” betrachtet wurde, da auch er den Weg über Mainz nach Dortmund ging, gehört mittlerweile zu den gefragtesten Trainern im Weltfußball. Denn er lässt seine Mannschaften kein durchgeplantes Training durchlaufen. Vielmehr bringt er seine Spieler dazu, Situationen instinktiv zu lösen. Das Improvisieren gehört für ihn zum Tagesablauf wie anderswo Joggingläufe und Torschüsse. Tuchels Spitzname des “Rulebreakers” geht auf diese Eigenschaft zurück, der durchaus etwas Revolutionäres zukommt.
Das sind die erfolgreichsten Trainer des DFB
Allerdings wäre es nur die eine Seite der Medaille, sich anzusehen, welche Coaches die Vereine zu ihren Titeln geführt haben. Nicht ignoriert werden darf somit, was in der Nationalmannschaft geleistet wurde. Denn hier konnte nicht selten die Arbeit veredelt werden, die Tag für Tag in den Klubs zu bewältigen war. Mehr noch, beim DFB galt es, die Stars unterschiedlicher Teams auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Keine leichte Aufgabe, wenn Weltklassespieler wie Günter Netzer und Wolfgang Overath, die sich am Spieltag in der Liga noch gegenseitig beschimpft haben, nun plötzlich im gleichen Trikot aufliefen. Es wäre wohl zu viel gesagt, dass der Nationaltrainer aus Feinden Freunde machen muss. Dennoch steht er vor der Herausforderung, eine schlagkräftige Truppe auf den Rasen zu schicken.
Die drei Trainer, unter denen Deutschland die Europameisterschaft gewann, verstanden diese Disziplin recht gut. Jupp Derwall (1980) und Berti Vogts (1996) waren dabei aber nur kurzzeitig erfolgreich. Beiden haftete der Makel an, dass sie einerseits nicht in der Lage waren, bestehende Teams so zu verbessern, dass sie konstant um Titel mitspielen konnten. Andererseits, dass es beiden nicht gelungen war, eine moderne Taktik zu entwickeln. Bei Vogts mag erschwerend hinzugekommen sein, dass er es kaum verstand, die Fülle an starken Spielern nach der deutsch-deutschen Wende für sich zu nutzen. Die gewonnene EM 1996 war sicherlich ein Triumph, spielerisch aber nicht schön. Damalige Nationalspieler wie Matthias Sammer bemängeln auch heute noch, dass es seinerzeit kein echtes Konzept gegeben habe und die Kicker mehr oder weniger machten, was ihnen gerade richtig erschien.
Etwas anders sieht es bei den gewonnenen Weltmeisterschaften aus. Hier agierten mit Sepp Herberger (1954) und Franz Beckenbauer (1990) zwei echte Disziplinfanatiker und Autoritätspersonen, mit denen sich niemand ungesühnt anlegte. Eine Linie, von der Jogi Löw (2014) abwich – er ließ seinen Spielern auf und neben dem Platz viele Freiheiten. Löw durchbrach die über Jahrzehnte hinweg geltenden strengen Regeln beim DFB und führte die Nationalmannschaft in die Moderne. Doch der beste DFB-Trainer ist auch er nicht. Dieser Titel gebührt mit Helmut Schön einem Coach, der sowohl den EM- (1972) als auch den WM-Titel (1974) erringen konnte und unter dem sich das deutsche Fußballteam endgültig in der Elite der Welt etablierte. Er schaffte das mit einiger Strenge und viel Humor. Vor allem aber dadurch, dass er seinen Spielern immer ein fürsorglicher Vater war, der über manche Eskapaden der Stars gutmütig hinwegsah.
Eine neue Ära unter Julian Nagelsmann
Doch die eben erwähnten Namen gleichen dem Schwelgen in der Vergangenheit. Was bringt es, auf die glanzvollen Zeiten der Nationalmannschaft zu blicken, wenn sich etwas Vergleichbares momentan kaum wiederholen lässt? Und doch: Es ist Besserung in Sicht. Denn nachdem der DFB nach dem Ausscheiden von Jogi Löw zunächst ein Vakuum auf der Position des Trainers erkennen ließ, das auch Hansi Flick nicht füllen konnte, steht mit Julian Nagelsmann nun ein neuer Hoffnungsträger bereit. Wozu der junge Coach fähig ist, der das Amt seit dem September 2023 bekleidet, hat er auf seinen Stationen in Hof-fenheim, Leipzig und München bereits angedeutet. Dass unter ihm die Jagd nach Titeln fortgesetzt werden könnte, lässt die Europameisterschaft 2024 erkennen – bei der mit einer anderen Schiedsrichterentscheidung im Spiel gegen Spanien schon jetzt deutlich mehr möglich gewesen wäre.
Nagelsmann gehört zur Garde junger Trainer, die den technischen und digitalen Fortschritt in ihre tägliche Arbeit einbinden. Auf diese Weise lassen sich wichtige Erkenntnisse gewinnen, die dem menschlichen Auge eigentlich verborgen sind. Nagelsmann tüftelt daran, jeden einzelnen Spieler besser werden zu lassen und ihm dabei zu helfen, das individuelle Optimum zu erreichen. Das ist die Grundlage, auf dem die Mannschaft nach und nach auf ein höheres Niveau geführt wird. Ein Konzept, das kompliziert klingt. Nagelsmanns Stärke liegt aber gerade darin, den Prozess relativ schnell durchzuführen. Dass er dazu in der Lage ist, hat er sowohl bei seinen Vereinen als auch in der Nationalmannschaft bereits gezeigt. Ein Faktor, der in seine Vertragsverlängerung bis 2026 eingeflossen sein dürfte und der die Hoffnungen auf den Weltmeistertitel im gleichen Jahr nährt. Schon jetzt ist die DFB-Elf bei vielen Wettseiten unter den Top-Favoriten dafür zu finden.
Dass er zeitgleich einen Umbruch im Team bewältigen muss, erschwert die Mission. Spieler wie Manuel Neuer, Thomas Müller oder Toni Kroos haben den DFB verlassen – für diese einstigen Säulen der Mannschaft stehen mit Florian Wirtz, Marc-André Ter Stegen oder Jamal Musiala aber bereits Talente in den Startlöchern, denen der Sprung in die Weltklasse zuzutrauen ist. Geht Nagelsmann seinen bisherigen Weg weiter, der vor allem das Ziel anvisiert, ebenso schnellen wie technisch hochwertigen – und damit modernen – Fußball spielen zu lassen, müssen weitere Titel bei Welt- und Europameister-schaften keine Utopie bleiben. Die Zeit dafür mag noch nicht drängen, aber sie läuft gnadenlos weiter: Teams wie Spanien, Frankreich oder England definieren Jahr für Jahr die aktuelle Weltspitze. Will Deutschland neben diesem Trio mithalten können, wird Nagelsmann sein gesamtes Können einsetzen müssen.