Was bedeutet das fürs Nachwuchstraining in der Praxis?
Wie oben beschrieben, durchlaufen Spieler etwa alle 3 Sekunden das Phasenmodell. Jeder Teilzyklus hat den gleichen Stellenwert, ist also von gleicher Wichtigkeit. Um Spielern Erfolge im Spiel zu ermöglichen, ist ein schnelles, effektives und am Ende erfolgreiches Durchlaufen dieser Phasen erforderlich. Das Training sollte darauf ausgelegt sein, alle 4 Phasen im Ablauf anzubieten. Betrachtet man einzelne Übungen und Spielformen fällt auf, dass der 4. Phase (Ausführen) die meiste Aufmerksamkeit geschenkt wird. Weiterhin wird deutlich, dass die 3. Phase (Entscheiden) oft zu kurz kommt.
Spielerbeobachtung und Berücksichtigung der 4 Phasen
Nachdem ich mich mit dem 4-Phasen-Modell theoretisch auseinandergesetzt hatte, habe ich meine U8/U9 Spieler im Training genau beobachtet und konnte sofort die Fähigkeiten der Spieler analysieren.
Zwei Beispiele aus meinen Beobachtungen:
Spieler A ist in der technischen Ausführung wirklich gut, beherrscht bereits alle Grundtechniken, sein schwächerer Fuß ist gut trainiert, er nutzt im Spiel beide Füße ganz selbstverständlich. Ballannahme, Pässe und Torschüssen führt er, je nach Spielsituation, mit beiden Füßen und technisch gut aus.
Der Bereich der Ausführung (Phase 4) ist also top. Warum gewinnt er dann nicht die meisten Zweikämpfe? Warum gelingt ihm nicht fast jeder Pass?
Die Antwort ist relativ einfach: Seine Schwächen liegen in den Phasen 1 bis 3. Mittlerweile würde ich sogar sagen, dass seine Wahrnehmung, sein Verständnis und seine Entscheidungen gut sind, er benötigt nur zu viel Zeit für diese Teilzyklen, bis er schließlich zur Ausführung kommt. Seine Gegenspieler durchlaufen die Phasen oft schneller und führen entsprechend schneller eine Handlung aus. Spieler A ist oft gezwungen, sich neu zu orientieren und damit den Zyklus neu zu durchlaufen, er schafft es also oft erst gar nicht bis zur Phase 4.
Spieler B hat die meisten erfolgreichen Aktionen im Training und im Spiel, er gewinnt Zweikämpfe, Laufduelle und erzielt viele Tore. Trainer der gegnerischen Teams sprechen mich oft auf das Leistungsvermögen des Spielers an. Man sollte also meinen, er ist für sein Alter gut entwickelt und bis hier auch gut trainiert worden. Aber auch bei ihm konnte ich unter Betrachtung des 4-Phasen-Modells wichtige Erkenntnisse gewinnen: In Phase 4 (Ausführung) ist er wirklich schwach, er erzielt viele Tore mit der Pike und fast nur mit dem starken Fuß. Technische korrekt ausgeführte Schüsse und Pässe sind eher selten. Der schwache Fuß ist erheblich schwächer und wird nur im Notfall genutzt, hinzu kommen noch zahlreiche vergebene Torchancen, trotz der vielen Erfolge, weil die technische Ausführung mangelhaft ist.
Wie kommt es trotzdem zu den vielen erfolgreichen Aktionen von Spieler A?
Es ist die extrem hohe Geschwindigkeit beim Durchlaufen der Phasen 1 bis 4. Er reagiert fast immer schneller als alle anderen Spieler auf dem Feld und hat dadurch meist einen erheblichen Vorsprung. Durch diesen Vorsprung kann er dann, auch mit einer schlechten technischen Ausführung, noch erfolgreiche Aktionen ausführen.